In der BI Holzfassaden ist man ganz aufgeregt. Plötzlich ergibt sich die Chance, dass auch die bisher aus der Gestaltungssatzung herausgehaltenen Flächen des B-Plan-Gebietes mit Holzhäusern bebaut werden. Und nicht nur das: In Borkwalde könnte an der Ernst-Thälmann-Straße auch das bisher höchste Holzhaus Deutschlands entstehen. Die Idee hatte Jörg Knuth, der – durch einen Zeitungsartikel aufmerksam geworden – anregte, einfach mal auf potentielle Investoren zuzugehen.
Im Ergebnis bemühen sich jetzt gleich zwei Investoren um das Projekt. Der eine ist Huber & Sohn. Das bayerische Familienunternehmen hat die Massivholzwände für das 2011 errichtete Holz-Hochhaus in der oberbayerischen Stadt Bad Aibling entwickelt. Das Bad Aiblinger H8 hat 8 Etagen und ist 25 Meter hoch. Gemeinsam mit dem E3 in der Berliner Esmarchstraße hält es den Höhenrekord im deutschen Holzbau. Huber spricht gegenüber BB:-) über seine Motive:
„Natürlich hat sich das Borkwalder Engagement von Town & Country in der Szene herumgesprochen. Mich hat es erst überrascht, dass die jetzt auch in Holz machen wollen. Aber eigentlich liegt es nahe, Holz gehört nun mal die Zukunft. Für uns als ursprüngliche Holzbauer wäre es eine Ehre, in der großen Holzsiedlung so nahe bei Berlin bauen zu dürfen. Unsere Häuser werden sich hier gut einfügen.“
Huber & Sohn hat immerhin den Deutschen Holzbaupreis 2013 in der Kategorie Komponenten/Konzepte (siehe die entsprechende PDF auf Seite 34) erhalten.
Der andere Interessent ist der Immobilieninvestor Günter Kerbler, der gemeinsam mit dem Architekturbüro Rüdiger Lainer + Partner das höchste Holz-Hochhaus der Welt in Wien baut. Stolze 24 Stockwerke und 84 Meter soll es ab 2017 oder 2018 in die Höhe ragen. Kerbler zu seinen Borkwalder Intentionen:
„Natürlich wollen wir in Borkwalde nicht ganz so hoch hinaus. Nicht nur, weil wir den Weltrekord schon gern in Österreich behalten möchten, sondern auch, weil wir uns hier ja in einer ländlichen Umgebung befinden und uns in diese einpassen wollen. Wir bauen ja schließlich keine Windräder. Aber 60 Meter könnten es schon werden, schließlich wird auch im Berliner Umland Bauland langsam knapp.“
Prof. Lainer rechnet für das Wiener Gebäude vor:
„Vergleicht man es mit einem Stahlbeton-Hochhaus, sparen wir 2800 Tonnen CO2- Äquivalente. Das bedeutet, man könnte 1300 Jahre lang täglich 40 Kilometer Auto fahren.“
Oder auf Windräder verzichten, merkt der Borkwalder Frank Stallner an, der sich nicht nur in der BI Holzfassaden, sondern auch in der BI Im Gegenwind engagiert.
Der Brandschutz scheint kein Problem zu sein. So verwies der Spiegel schon 2014 unter der bemerkenswerten Überschrift Hochhäuser aus Holz: Besser als Stahl auf den Berliner Architekten Tom Kaden, der am E3 beteiligt war:
„Fürsprecher seines Konzepts, so Kaden, sei ausgerechnet die Feuerwehr gewesen. „Die wissen, dass Stützen aus Holz einem Brand länger standhalten als Stahl.“ Holz ist zwar schneller entzündlich, aber die Abbrennrate ist besser berechenbar: Selbst verkohlte Balken können noch einiges halten, wenn Stahl schon längst geschmolzen wäre.“
Beide Investoren denken bei ihren Vorhaben nicht an ein einziges Haus, sondern an eine komplette Bebauung entlang der Ernst-Thälmann-Straße, eine Art Wohnscheibe. Inklusive Versorgungseinrichtungen, Kita und Spielplatz, was viele Borkwalder freuen wird. Gern würden die Investoren daher auch das kommunale Grundstück erwerben. Bürgermeisterin Renate Krüger (LINKE) zögert jedoch noch:
„Für uns ist unser neues Gemeindehaus ebenso wichtig wie der Neubau von Häusern. Eigentlich noch wichtiger. Aber vielleicht lässt sich ja beides verbinden.“
Einige Einwohner, die nicht genannt werden möchten, befürchten, dass sich so große Bauten kaum in das bisherige Gefüge Borkwaldes einpassen lassen. Doch Catharina Solyga von der BI Holzfassaden ist einfach nur begeistert:
„Jetzt zahlt sich unser Engagement richtig aus. Nur über die Fassadengestaltung werden wir noch reden müssen.“
Solyga zielt offenbar darauf, dass dem H8 ausgerechnet im Erdgeschoss die Holzfassade fehlt. Auch Karin und Michael Luther von den GRÜNEN freuen sich. Beide Investoren wollen ihre Holzhausvariante als Niedrigenergie- oder gar Passivhaus errichtet. Marion Urban (NOTGEMEINSCHAFT) denkt schon einen Schritt weiter:
„Wenn eines dieser Projekte umgesetzt werden sollte, dann müssen wir doch noch einmal über den schmalen Streifen zwischen dem bisherigen und dem neuen Neubaugebiet und eine Erweiterung der Gestaltungssatzung nachdenken.“
Eine Chance für Borkwalde und die ganze Region? Neben dem Baumwipfelpfad in Beelitz-Heilstätten könnte bald die nächste Attraktion in Sachen Holz und Baum in unserer Region entstehen.
Man darf gespannt sein, wie sich unsere Gemeindevertreter zu den entsprechenden Anfragen der Investoren verhalten werden. Die Erarbeitung der neuen Ortspläne wurde jedenfalls erst einmal gestoppt.
PS: Das Artikelfoto ist nicht als Parodie auf ein ambitioniertes Projekt gemeint, sondern steht für ein Modell, das für den geplanten Spielplatz in Frage kommen könnte. Das Foto selbst stammt von Pixelschubser99 auf pixabay.com.